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Mein New York City Marathon

Nun ist der Höhepunkt meines Läuferlebens also schon wieder fast drei Wochen her. Wie die Zeit vergeht. Ich habe ja gedacht, dass ich in meinem „Erholungsurlaub“ nach dem Marathon auf Yukatan Zeit finden würde, diese Zeilen zu schreiben. IDA, der Hurricane hat mir dann auch etwas Zeit gegeben, aber war doch schneller vorbei gezogen als gedacht (zum Glück) und dann ging die Zeit, die man dort hat, doch eher für Ausflüge und Erkundungen drauf. Deshalb habe ich den Bericht hier, back in good old Germany, vervollständigt.

Nun also zum diesjährigen New York City Marathon. Es war die 40. Auflage dieser großartigen Laufveranstaltung. Ich habe, seitdem ich mit dem Laufen angefangen habe, wie sicher fast jeder Marathonläufer, immer davon geträumt, einmal an diesem Event teilzunehmen. Am 01.11.2009 habe ich mir diesen Traum erfüllt. Und als Resumé muss ich sagen, dass es das bisher geilste Lauferlebnis war, das ich mitgemacht habe. Es hat alle meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Warum? Das erzähle ich Euch jetzt.
Meine Startnummer hatte ich mir ja bereits am Donnerstag am Jacob K. Javits Conventions Center zusammen mit Martin abgeholt und dort auch gleich ordentlich eingekauft. Danach ging‘s dann weiter mit der Shoppingtour. Bei dem Dollarkurs muss man ja zuschlagen. 3 Paar neue Laufschuhe und einiges an neuen Laufklamotten sind dabei rausgesprungen. Die Startnummer habe ich dann direkt am Donnerstagabend noch zusammen mit dem selbstgebastelten “Daniel”-Schild an meinem Laufmonster-Trikot angebracht und im Hotelzimmer gut sichtbar aufgehängt. So stieg die Spannung und die Vorfreude weiter ins Unermessliche.

Die nächsten beiden Tage tat die Megacity NYC ihr übriges dazu, dass sich meine Beine nicht wirklich noch regenerieren konnten. Es gibt einfach viel zu viel, was man in dieser Stadt erleben will und kann! Was mir aber viel mehr Sorgen bereitete, war mein Knie, das ich mir am Sonntag, also eine Woche vor dem Marathon, so an einer Tischkante angeschlagen hatte, dass es jetzt immer noch ziemlich beim Laufen schmerzte. So auch bei einem letzten regenerativen Lauf am Samstagmorgen, den ich mit dem TV-Sportmoderator und selbst begeistertem Marathoni René Hiepen zusammen gelaufen bin. Er plauderte während des Laufs ein wenig aus dem Nähkästchen und erzählte mir von seinen Erfahrungen, die er bei seinen letzten NYC-Marathons gemacht hatte. Ich habe ja auch u.a. von Manu im Vorfeld einige Tipps zu diesem Kurs erhalten… Ein Tipp kam von allen: Am Ende der ersten Hälfte, wenn es die 1st Ave hochgeht, sollte man sich noch so frisch fühlen wie am Anfang. Wenn nicht, wird‘s hart.

Sonntag früh um 5:00 Uhr hieß es dann aufstehen. Um 6:30 Uhr sollte ich eigentlich meine Fähre nach Staten Island nehmen. Um kurz vor 6 hatte ich mich mit Martin im ersten Abteil der Metro Linie 1 Columbus Circle Downtown verabredet. Meine Sachen hatte ich bereits am Vorabend gepackt und so ging ich pünktlich los. An der Metro-Station angekommen, wartete und wartete ich. Die Bahn kam mit ca. 10 min Verspätung. Martin habe ich dann im ersten Abteil wie verabredet getroffen. Die 6:30 Uhr Fähre hatten wir um ca. 10 min verpasst. So ging es dann auf die nächste. 7:00 Uhr legte sie ab. Es ging nah an der Freiheitstatue vorbei. Ein herrlicher Anblick, gerade jetzt bei Sonnenaufgang. Das stimmte einen so richtig auf das große Ereignis ein. Auf der anderen Seite sah man die Verrazano Narrows Bridge immer näher kommen. Man sah jetzt schon, wie steil es dort bergauf und auch wieder bergab ging nach dem Start. Punkt 7:30 Uhr legte die Fähre in Staten Island an und dann ging es weiter mit Shuttle-Bussen zum Fort Wadsworth. Nachdem der Bus anhielt, schlängelte sich ein Riesenlindwurm von Läufern vorbei an „hübsch“ geschmückten Halloween-Häuschen Richtung Startgelände am Fuße der Verrazano Brücke. Hier trennten sich auch Martins und mein Weg, da ich im grünen Startareal und Martin im blauen eingeteilt wurde. Das hieß im besonderen, dass Martin das Glück hatte, oben auf der Brücke zu starten, während ich unten loslaufen musste. Die Zeit im Startareal verging recht schnell. Aber es war ziemlich kalt. Dies hatte man erst auf der Fähre und dann auch jetzt im Startbereich richtig bemerkt. Aber ich hatte genügend Sachen mit, die mich warmhalten sollten.

Ca. 1/2 h vor dem eigentlichen Start musste ich mich im Startblock der Welle 1 einfinden. Davor gab ich meinen Kleiderbeutel bei dem meiner Startnummer zugeordneten UPS-LKW ab. Im Startblock war es so eng, dass an echtes Warmlaufen nicht zu denken war. Etwas Stretching musste ausreichen. Von hieraus hörte ich dann auch den Startschuss für die Elite-Frauen. Wird es Paula heute wieder richten, schoss es mir so durch den Kopf. 15 Minuten vor dem Start wurden wir dann an die Startlinie geführt. Ich stand ca. in 5. Reihe und hörte nun die Hymne der USA. Nun wird es ernst, dachte ich mir. Ich warf noch meine alte, lange Laufjacke weg, eine neue hatte ich mir ja die Tage gekauft und nun ging‘s ganz schnell.

Ein Knall, ein Riesengeschrei der Läufer in den Startblöcken und los ging‘s. Das Superlativ aller Marathonläufe war gestartet. Unter den Klängen von Frank Sinatras “New York, New York” ging es über die Startlinie. Ich musste mehrfach schlucken, um nicht jetzt schon den Freudentränen freien Lauf zu lassen. Dafür wollte ich mir noch etwas Zeit lassen. Apropos Zeit. Meine Uhr spielte verrückt, mal wieder. Ich konnte die Zeit einfach nicht starten. So lief ich die erste halbe Meile ohne Zeit und Pulsanzeige. Dann habe ich sie gestartet und sofort auf den Rundenmodus geschaltet. So stoppte ich fast jede Meile meine Zwischenzeiten. Vorgenommen hatte ich mir eigentlich zum Anfang 6 Min. pro Meile zu laufen. Nach den ersten Zwischenzeiten war mir aber klar, dass dies heute nicht möglich war. Ich sagte mir immer wieder, „du musst dich komfortabel und locker leicht bis Meile 18 fühlen“. Das war mein großes Ziel. Und komfortabel und locker leicht ging‘s nur mit einem Meilenschnitt von 06:08 bis 06:12. Schneller wollte ich nicht. Die 1. Meile geht‘s ja auf der Brücke nur bergan. Aber dann geht‘s auch schnell wieder begab. Ich bremste mich aber etwas ein und versuchte so oft es ging im Windschatten anderer zu laufen. Jetzt schon die Körner zu verballern, wäre das Schlechteste, was mir passieren konnte. Gerade auf dem ersten Abschnitt wird man wirklich extrem dazu verleitet schneller zu laufen. Bis zur Halbmarathonmarke, der Pulaski-Bridge, geht es zwar wellig aber trotzdem sehr locker und schnell.

Ich lief durch Queens wie auf Wolke sieben. Ich merkte zwar, wie mein Knie schmerzte, aber ich redete mir ein, dass es einfach nur ein blauer Fleck ist und nichts Schlimmeres. Außerdem wurde ich so dermaßen abgelenkt von den Massen an Zuschauern, die hier die Straßen säumten und immer und immer wieder meinen Namen schrien. „Däääniel go“, „You´re looking good Dääniel“, „Däääniel, You´re almost there“. Ich fühlte mich wie zu Hause. Das Basteln des Schildes auf meiner Brust mit meinem Namen und den deutschen Farben im Hintergrund hatte sich wirklich gelohnt. Ich dachte teilweise, ich bin hier einer der Elite-Läufer, den alle kennen. Ein Läufer der eine ganze Zeit lang mit mir zusammen lief, sagte zu mir: „You have a really big neighbourhood“. Ich grinste nur. Und ich grinste sehr viel bei diesem Rennen (das könnt ihr auch auf den offiziellen Fotos sehen – siehe Link unten). Es war einfach der Wahnsinn. Ich versuchte diese ganzen Eindrücke so gut es ging in mich aufzusaugen. Jede Meile gab es Erfrischungen und eine Band. Nicht nur Samba-Bands wie man sie von hiesigen Läufen kennt, sondern richtige Rockbands, Hip Hopper, Trompetenbläser, aber auch Dudelsackspieler waren mit von der Partie.

Bei Meile 8, immer noch in Queens, hatte ich mich mit Janet verabredet. Und sie stand auch dort. Ich freute mich ungemein. Achso, was ich noch erwähnen wollte. Ich habe bei diesem Lauf gelernt, wie man aus diesen Trinkbechern am besten trinkt. Die erste Hälfte Wasser wegkippen oder über den Kopf zur Kühlung und den Rest, mit wie zu einer Schnabeltasse geknicktem Becher, in den Mund. Ganz einfach und es klappte wunderbar. Nachdem ich Meile 8 passierte ging es leicht aber etwas länger mal wieder einen Berg hinauf. Hier standen die Zuschauer Spalier, wie bei der Tour de France bei den großen Bergankünften. Ein wahnsinniges Gefühl da durch zu laufen. Und hier klang sogar aus den Boxen einer Band: „Däääniel, how do you feel?“. Ich grinste mal wieder und zeigte mit beiden Daumen nach oben. Und es ging mir wirklich immer noch sehr gut. Dann ging’s wieder bergab. Nicht zu schnell werden! Am Ende des Gefälles ging es in einer 45 Grad Kurve, die mit einem ca. 4 m mal 4 m großem Schild „Warning, slow down, corner“ oder so ähnlich angekündigt wurde. Für mich war das nicht wirklich eine scharfe Kurve, aber gut, wenn sie meinen?!

Nach dieser Ecke kamen wir bald zu Meile 11 nach Williamsburg, dem Stadtteil, der vorwiegend durch orthodoxe Juden bewohnt wird. Hier war als einziger Abschnitt des Marathons nichts zu spüren von Zuschauereuphorie. Das Leben der typisch in schwarz gekleideten Juden mit ihren langen Bärten, gelockten Zöpfen und dem zylinderartigen Hut schien hier ganz normal weiterzugehen. Nach diesem Kontrastprogramm in Sachen Stimmung an der Strecke eröffnete sich mir dann auch bald der lange Anstieg zur Halbmarathonmarke, der Pulaski-Bridge. Der Anstieg kam mir irgendwie länger und steiler vor, als ich ihn mir, wegen des natürlich vorher bis ins Detail eingeprägten Höhenprofils der Strecke, vorgestellt hatte. Ich wollte beim Halbmarathon möglichst glatt 1:19 oder vielleicht sogar drunter bleiben. Ich sah die Zeitanzeige der Halbmarathonmarke schon lange bevor ich sie erreichte. Sie zeigte schon eine 1:19er Zeit an und die Sekunden tickten immer weiter herunter. Schließlich erreichte ich den Scheitelpunkt der Brücke und damit die HM-Marke bei etwas über 1:20h.

Egal, sagte ich mir. Ich fühlte mich immer noch recht gut, auch wenn die Oberschenkel und Waden doch schon ziemlich anfingen zu brennen. Besonders der rechte Oberschenkel machte mir etwas Sorgen. Dazu kamen natürlich weiterhin die Knieschmerzen, die ich allerdings irgendwie ganz gut im Griff hatte, bis hier her. Es eröffnete sich nun ein herrlicher Blick zur linken auf die Skyline von Manhattan mit den vielen Wolkenkratzern. Nun wusste ich, es sind noch gute 2 Meilen bis ich wieder da drüben bin und auf die 1st Avenue einbiegen kann. Doch kurz davor kam noch die nächste Härteprobe, die berühmt berüchtigte Queensboro Bridge. Ähnlich steil wie die Pulaski Bridge, aber diesmal war ich darauf gefasst und es ging auch gleich einfacher da hoch. Ich fing etwa hier an mehr und mehr Läufer zu überholen. Das sagte mir, dass ich bis hier hin alles richtig gemacht hatte. Wieder grinste ich in mich hinein, auch wegen der Vorfreude auf das, was mich nach dem langen „steilen Abstieg“ von der Brücke in Manhattan erwartete.

Ich hatte ziemlich viel von dieser Megastimmung an diesem Ort im Vorfelde und auch oben auf der Brücke schon gehört. Ein Gekreische und Gejubel schlug mir hier oben entgegen, dass ich die Ideallinie verließ und schon mal einen Blick hinunter erhaschte. Die Leute standen dort in 10er Reihen hintereinander! Echt Wahnsinn. Nur als ich da unten ankam, war es ruhig. Keiner schrie mehr, keiner jubelte mehr. Ich lief in diese Masse von Menschen, verließ abermals die Ideallinie, lief dicht an den Massen mit kreisendem rechten Arm vorbei und ich dachte, mir fliegen die Ohren weg! Wie im Fußballstadion wurde ich angefeuert. Ich bog quasi völlig berauscht von diesen Eindrücken unter der Queensboro Bridge hindurch in die 1st Ave ein. „Nun noch 2 Meilen ruhig Daniel“, sagte ich mir „und dann kannste Gummi geben!“. Ich konnte es gar nicht erwarten und ich fühlte mich frisch! Also konnte laut den erfahrenen NYC-Marathon Bezwingern, mit denen ich mich vorher über Taktiken etc. unterhalten hatte, ja nun nix mehr schief gehen. Bei Meile 17,5 d.h. Höhe der 86th Straße sollte dann auch Janet wieder stehen, sofern alles mit dem New Yorker Subway-Verkehr geklappt hatte. Und es hatte geklappt. Ich bin mit einem „Ich schaff‘s“-Ruf an ihr vorbeigerauscht. Ich hatte vor dem Lauf nämlich wirklich Angst davor, den Lauf evtl. wegen der anhaltenden Knieschmerzen nicht beenden zu können. Dies konnte ich nun ausschließen. Die Schmerzen im Knie und im rechten Oberschenkel waren immer so ziemlich auf einem Level und wurden nicht stärker.

Auch die ca. 3,5 Meilen lange 1st Ave hoch wurde es nicht langweilig. Viele Zuschauer standen am Streckenrand und riefen wie wild meinen Namen. Es hörte nicht auf. Und ich wollte auch nicht aufhören. Niemals mehr. Es war einfach wie im Traum. Den Punkt, an dem ich bei Janet vorbei lief, nahm ich zum Anlass, um gefühlt etwas auf die Tube zu drücken. Und es kam mir auch wirklich so vor, als wenn ich schneller wurde. Ich überholte ab jetzt nur noch. Ich glaube von hier an bis ins Ziel hat mich nur noch ein Einziger überholt. Es lief einfach wie von selbst jetzt. Als nächstes kam die Willis Ave Bridge, die mich in die Bronx führte. Diesen Anstieg empfand ich nicht wirklich als schlimm. Komisch war‘s lediglich auf der Brücke zu laufen, denn auf der Fahrbahn war orangefarbener Teppichboden ausgelegt. Jedoch merkte man trotzdem noch die Gitter unter den Füssen. Nach der Brücke ging’s dann im Zickzack-Kurs um viele Ecken durch die Bronx. Kurz und knackig. Nur knappe 1,5 Meilen. Dann über die letzte Brücke (Madison Ave Bridge) und schon war ich wieder in Manhattan auf der 5th Avenue.

Jetzt nochmal alle Kräfte zusammen nehmen, denn nach dem Marcus Garvey Memorial Park und kurz nachdem rechts der Central Park anfing, bei Meile 23 oder ca. km 37, ging’s nochmal eine richtig lange, fiese Steigung hinauf. Man sieht einfach das Ende der Steigung nicht. Und sowas ist zu diesem Zeitpunkt des Marathons für viele tödlich. Ich habe mir diesen Streckenabschnitt glücklicherweise einen Tag vor dem Marathon nochmal vom Bus aus angeschaut und war somit nicht mehr wirklich überrascht. Viele andere, die ich überholte, schon, so schien mir. Ich wusste, dass es beim Guggenheim Museum schon wieder leicht bergab ging und darauf freute ich mich einfach, auch wenn es alles andre als einfach war hier noch hochzukraxeln. Es machte mir aber sicher bei weitem mehr Spaß als denen, die ich da jetzt überholte. Jetzt nochmal Gas geben, dachte ich mir. Rein in den Central Park. Wieder bergab. Wieder 86th. Straße. Diesmal im Central Park. Ich halte nach Janet Ausschau. Habe sie nirgends ausmachen können. Sie mich allerdings schon. Bin dort wohl ziemlich fix an ihr vorbeigerauscht. Ich gab nun alles. Es wurde nochmal ziemlich wellig. Aber auch diesen Abschnitt kannte ich von den letzten Trainingsläufen her. „Dääniel go“, „Good job Dääniel“, „Däääniel you´re almost there“. Jetzt stimmte der letzte Satz! Aber auch deutsche Zuschauer riefen mir zu. Ich schwebte und kämpfte gleichzeitig. Noch einen Deutschen mit Werder Bremen Singlet überholt und dann nochmal kurz raus aus dem Park, rechts herum und Central Park South, der letzte Kilometer Anstieg vor der 26 Meilen Marke, eröffnete sich mir. René, der mir im Vorfeld sagte, dass meisstens hier erst die Rennen der Elite-Läufer entschieden werden, musste hier irgendwo in den Massen stehen. Ich sah ihn nirgends. Er sagte mir nach dem Lauf, dass ich doch ziemlich sch** äähm nicht mehr so gut aussah! Ich rannte diesen letzten Teil der Strecke noch zusammen mit Josh, der sich ja auch hier auf Laufmonster.de verewigt hat. Wir schenkten uns nichts und gaben alles. Mal er vorne, mal ich… dann wieder nebeneinander. Uns hat es Spaß gemacht, den Zuschauern sicher auch und voran getrieben hat es uns auch noch.

Ich habe eigentlich schon als es auf die 5th Ave. nach Manhattan rein ging von der Zeit her gesehen, dass es für eine Zeit unter 2:40 ziemlich knapp werden würde. Und die letzten Meilen habe ich es auch nicht wie erhofft geschafft, unter der 6 Minuten Marke zu bleiben. Also genoss ich einfach nur noch. Ich habe nicht mehr daran geglaubt es noch zu schaffen. Als es am Columbus Circle wieder hinein in den Central Park ging und somit nur noch 500m zu laufen waren, ließ ich Josh laufen und holte meine Rügenfahne, die ich wie bei jedem Marathon den ganzen Weg in einer Tasche hinten in der Hose mitgenommen hatte, heraus. Ich lief den nun wirklich allerletzen Anstieg, 300m vor dem Ziel, durch das Zuschauerspalier. Getragen von der Mega-Euphorie kamen sie nun doch die Glückstränchen, die ich den ganzen Weg zurück gehalten hatte. Ich stemmte mit letzten Kräften beide Arme in die Höhe, die Fahne flatterte hinter mir. Und die Zeit? Sie tickte und tickte… es war nicht mehr zu schaffen. Die Anzeigetafel zeigte mir das 2:40h abgelaufen waren… Egal, ich wusste es viele Kilometer vorher, dass es eng werden würde! Alles andere war nun wichtiger. Ich überlief die Ziellinie mit einem lauten Schrei oder war es ein Schreischluchzer?! Ich weiß es nicht mehr. Das war die Ziellinie. Es war vollbracht. Mein Traum ist in Erfüllung gegangen. Ich drehte mich um, ging rückwärts, sah mit verschwommenem Blick das 3 teilige Zieltor von der anderen Seite und ging weiter rückwärts. Ich genoss und versuchte zu realisieren, was da gerade geschehen war. Vorbei! So schnell, viel zu schnell! Aber so ist das nun mal.

Ich drehte mich um, ging weiter durch den Zielkanal und nahm meine Medaille, die Wärmefolie und das Goodie-Bag, in dem sich Getränke, etwas zu knabbern und ein schöner McIntosh-Apfel befanden. Noch schnell ein Foto vor der NYC-Marathon-Wand mit der Wärmefolie über den Schultern und weiter ging’s. Die Gatorade Flasche wurde sofort aufgemacht und vertilgt. Und immer wieder kamen die „Congratulation“ und „Good Job“-Wünsche von den Helfern. Der lange Weg zum Kleiderbeutel-LKW gestaltete sich kurzweilig, da ich noch ein interessantes Gespräch mit einem Kanadier aus Quebec führte. Und was soll ich sagen, wir unterhielten uns u.a. über unseren nächsten Marathon und unsere Ziele dort. Die Bühne für diese Ziele soll bei uns beiden, wie es der Zufall will, Boston im nächsten Frühjahr sein. Tja, so ist das eben bei uns Marathonis, nach dem Marathon ist vor dem Marathon. Nachdem ich mich dann geduscht habe, sind wir dann nochmal an die Strecke und haben den noch sehr lange Zeit ins Ziel laufenden Marathonis zugejubelt.

Abgeschlossen haben wir dann den Abend mit der Post-Race-Party auf der wir dann auch Martin und seine Frau wiedergetroffen haben. Hier wurde dann natürlich nochmal das Rennen bis ins kleinste Detail besprochen. Nebenbei lief auf 2 großen Videoleinwänden eine Zusammenfassung des Rennens der Elite Frauen und Männer. Bei den Frauen gewann diesmal nicht, wie sicher von vielen erwartet, Paula Radcliffe, sondern die Ethiopierin Derartu Tulu in 2:28:52 vor der Russin Ludmilla Petrova und der Französin Christelle Daunay. Paula wurde in diesem Rennen nur Vierte. Bei den Männern siegte mit Mebrathom Keflezighi seit 27 Jahren mal wieder ein US-Amerikaner auf heimischem Boden. Er trat damit in die Fußstapfen von Alberto Salazar, der 1982 hier als Letzter einen Heimsieg nach Hause laufen konnte. Die Ziel-Zeit von Keflezighi war 2:09:15. Zweiter wurde Robert Kipkoech Cheruiyot aus Kenia und Dritter Jaouad Gharib aus Marocco. Ryan Hall, der als Geheimfavorit gehandelt wurde, konnte nur den undankbaren vierten Platz erreichen.

Eine Zahl darf nun auch nicht fehlen. Die 40. Ausgabe des NYC-Marathons setzte auch mit einem vorher nie dagewesenen Finisherfeld von 43.375 Läuferinnen und Läufern neue Maßstäbe. Zum Vergleich: Berlin hatte im Jahr 2008 35.783 Finisher.

Nun nochmal kurz zu meinen Platzierungen und somit zu weiteren Zahlen:

Zeit: 2:40:00 (offiziell)
Platz gesamt: 151 (von 43375)
Platz Männer: 141 (von 28289)
Platz Altersklasse: 41 (von 3949)
Platz Deutsche: 6 (von 2449)

Ich danke allen, die mir diesen Erfolg ermöglicht haben. So eine Marathonvorbereitung zerrt nicht nur an einem selbst, sondern erfordert auch sehr verständnisvolle Mitmenschen. Thank you very much auch an das wahnsinnig geile Publikum in NYC. Ohne diese Unterstützung wäre es sicher nicht so ein einmalig schönes Erlebnis geworden, an das ich mich sicher noch sehr lange mit Wehmut zurückerinnern werde.

Ergebnisse etc.: http://www.nycmarathon.org

Offizielle Fotos: http://brightroom.com/view_user_event.asp?EVENTID=47685&PWD=&BIB=3161

Eins muss ich jetzt noch zum Abschluss loswerden. Am Montagmorgen als ich zur Gravur der Medaille nochmals in den Central Park in den Zielbereich zur Tavern on the Green ging, lief mir doch der viertplazierte des NYC Marathons und amerikanische Shootingstar Ryan Hall bei seiner Auslaufeinheit über den Weg. Da musste ich ihn natürlich kurz für dieses Foto hier bei seinem Lauf stören… ;)

Dieser Bericht ist auch unter Laufmonster.de veröffentlicht.